König Ludwig II. Gemäldegalerie 

 

 

Wissenswertes  über Ludwig II:

 

Vieles ist über König Ludwig II. geschrieben worden. Von Menschen die ihn nie persönlich kennengelernt hatten, Ressentiments gegen ihn hegten, oder seine kurzen Notizen falsch interpretierten, damals wie heute.

Eine einzige zusammenfassende Äußerung von Ludwig II. selbst zu dem ihm Entgegengeworfenen wurde bisher veröffentlicht. Sie erfolgte im Februar 1882 gegenüber dem amerikanischen Schriftsteller Lew Vanderpoole, geb. 1855.

Der König ging bei dieser Klarstellung von einem Vergleich zwischen sich und Edgar Allan Poe aus.

Abgedruckt bei: H.G. Evers, "Ludwig II. Theaterfürst - König - Bauherr"

 

(Anm.: E.A.Poe verfaßte neben seinen  Romanen und lyrischen Werken, auch zahlreiche philosophische und andere wissenschaftliche Schriften - einen Absatz daraus finden Sie am Ende dieser Seite)

 

Lassen wir den König nun selbst zu Wort kommen:

 

"Haben Sie Poe gekannt? ... Ach, natürlich nicht: Sie sind ja zu jung! Wie schade; einen Augenblick dachte ich, einem Menschen gegenüberzusitzen, der diesen wunderbarsten aller  Schriftsteller gekannt hat und der mir etwas Genaues über sein Leben hätte erzählen können. Für mich ist Poe einer der größten Menschen, die je geboren wurden. Aber wie so manches Juwel war er verurteilt, seinen Glanz durch beständiges Reiben an gemeinen Steinen einzubüßen. Wie muß er gelitten haben unter den rauhen Niederträchtigkeiten, die auf ihn niedergingen! Und was für verständnislose Dinge wurden von ihm gesagt, als der Tod ihm seine scharf treffende Feder entwunden hatte! - Vielleicht verstehen Sie meine Anteilnahme, wenn ich Ihnen versichere, daß ich meinen Thron dafür geben würde, eine Stunde lang mit Edgar Allan Poe sprechen und die einzigartigen seltsamen Gedanken erfahren zu können, die ihn offenbar sein Leben lang beherrschten ... so will ich Ihnen etwas anvertrauen, was mich immer beschäftigt, seit ich mit den Werken Ihres großen amerikanischen Landsmannes bekannt wurde. Ich habe früher schon - nach langem Zögern, da  mir mein Vorhaben vermessen schien - versucht, diese Ideen aufzuschreiben, verbrannte aber schnell, was ich zu Papier gebracht ...

Ich glaube, daß, aus Gründen, die ich Ihnen noch erklären werde, eine bestimmte Ähnlichkeit zwischen Poes Natur und der meinen besteht. Aber verstehen Sie darunter nicht mehr , als ich sagen will. Ich vergleiche nur unsere Anlage, darüber hinaus besteht keine Ähnlichkeit. Poe hatte sowohl Genie wie Persönlichkeit. Mir fehlt beides. [Anm.: hier  muß ich einwerfen, daß des Königs Bescheidenheit, was seine eigene Person betraf, ihn so sprechen ließ - wir wissen es anders] Er hatte ferner soviel Kraft und Zähigkeit, daß er, bei aller Empfindsamkeit, imstande war, der Welt Trotz zu bieten. Auch das ist mir versagt. Nicht, daß ich ein Feigling wäre, im gewöhnlichen Sinne des Wortes; denn Schmerz und Tod können mich weder schrecken noch einschüchtern.

Gleichwohl: jede Berührung mit der Welt verletzt mich, meine Natur ist, ganz wie die Poes, von einer übermäßigen und unbegreiflichen Empfindlichkeit. Beleidigungen verletzen mich so tief, daß sie mich entwaffnen, sie drücken mich zu Boden, und sicherlich werden sie mich eines Tages vernichten. Selbst die Demütigungen, die ich als Kind erdulden mußte, brennen noch fort wie offene Wunden. Ein scharfer oder forschender Blick - und sei es der eines gewöhnlichen Bauern - kann mich stundenlang bedrücken. Ein abfälliger Zeitungsartikel macht mich unsäglich elend. Mein Inneres ist sensibel wie eine photographische Platte: jeder leiseste Eindruck ist unverwischbar eingeprägt. Ich kann wahrhaftig ohne Übertreibung sagen, daß ich von Natur aus wohlwollend und großzügig bin. Und doch habe ich in meinem ganzen Leben nicht eine Wohltat erwiesen, die der Empfänger mich nicht später hätte bereuen lassen.

Das Leben enttäuscht mich in dem Grad, wie mich die Menschen verdrießen. Ich mache die Bekanntschaft eines Menschen von angenehmem Äußeren und guten Manieren, ich glaube an die Aufrichtigkeit seines Lächelns, aber kaum fühle ich mich seiner Treue sicher, so entdecke ich an ihm irgendeine Falschheit oder erfahre, daß er mich einen Narren nennt, wenn nicht Schlimmeres ...

Offenbar hat die "Natur" nur Platz für eine ganz bestimmte Sorte von Menschen. Wer sich behaupten will, muß rauh, rücksichtslos und unempfindlich sein. Fehlt es ihm an einer dieser Eigenschaften, so werden ihn Freunde und Feinde fallen lassen. Ich verachte das Pack, das die Majorität ausmacht, diese Kreaturen, die nur dem Aussehen und dem Namen nach Menschen sind - und doch beschleicht mich manchmal das Gefühl, daß man ihnen ähnlicher sein müßte, um bequemer leben zu können. Sie dürfen sich Übergriffe erlauben mit derselben Unbekümmertheit, mit der eine Ente ins Wasser taucht. Der bloße Gedanke daran, daß ich mich eines Tages soweit vergessen könne, mich in der gewöhnlichen Weise der Menschen zu erniedrigen, verursacht mir schon Qualen. Wenn ich den Durchschnitt der Menschen beobachte und die unbeschreibliche Gleichgültigkeit, mit der sie sich allen Gemeinheiten und Plattheiten hingeben, oder Dinge begehen, an die nur zu denken mich bis ins Innerste meiner Seele schaudern macht, so frage ich mich doch manchmal, ob diese Art von Lebewesen nicht zu beneiden ist.

Meine eigene Verfassung ist mir so rätselhaft, wie sie Ihnen sein mag. Ich habe nicht einmal eine vernünftige Erklärung dafür; weder mein Vater noch meine Mutter waren anomal empfindlich oder hatten mit übertriebenen Skrupeln zu kämpfen. Soweit ich es beurteilen kann, nahmen sie das Leben wie jeder andere auch.

Ich glaube, so war es auch bei den Eltern Edgar Allan Poes. Was Poe geschrieben hat, beweist mir aber, daß er denselben Ekel vor jeder Art von Zugeständnis an die Gemeinheit der Welt empfand wie ich - nur daß er wußte, wie die Welt reagieren würde, wenn er sich nicht den Anschein des Einverständnisses und der Zustimmung zu aller Verkommenheit geben würde. Ich kann ihn darum nicht schelten. Sein Weg war der klügste, Verstellung ist die beste Waffe - wenn man sich ihrer bedienen kann. So konnte er Mut und Trotz aufbieten - zwei Eigenschaften, die mir gänzlich fehlen.

Vielleicht konnte er die Welt auch leichter ertragen, weil seine Jugend nicht so schrecklich war wie die meine. Meine Kindheit war eine Kette demütigender Peinigungen. Nicht, daß ich schlechter behandelt worden wäre, als man mit Kindern gewöhnlich umzugehen pflegt. Aber meine Natur war so ungleich der von anderen Kindern, daß Dinge, die andere gar nicht bemerken, mich zutiefst kränkten. - Ich merkte bald, daß Geselligkeit Erniedrigung bedeutet und daß nur eine freiwillige Isolierung ein bescheidenes Maß von Zufriedenheit gewährt. Dies ist für einen Erwachsenen sicher erreichbar - für ein Kind ist es unmöglich. Ich war gezwungen, mich dem Willen von plumpen, gefühllosen Lehrern zu unterwerfen und mich in den Umgang von Wesen zu fügen, die, selbst kaum mehr als Tiere, bei mir dasselbe voraussetzten.

Was ich lernen sollte, erschien mir albern, dumpf und wertlos. Und weil das langweilige Zeug mich so verstörte, daß meine Auffassungsgabe dadurch abgestumpft wurde, schalt man mich einen Narren. Ich konnte stundenlang dasitzen und meinen eigenen Gedanken nachträumen. Dafür wurde ich verspottet.

Es ist einfach ein Unglück, so sein zu müssen, wie ich bin. Und doch bin ich so, weil ein Wille, der stärker ist als der meine, mich so geschaffen hat. Darin liegt mein einziger Trost und die einzige Rechtfertigung dafür, daß ich überhaupt gelebt habe.

Wenn nicht alles, was ich gelesen und selbst beobachtet habe, mich täuscht, dann ist ein Gutteil dessen, was man für "Verrücktheit" erklärt, in Wirklichkeit Überempfindlichkeit. Es wird oft hämisch angedeutet oder sogar offen erklärt, ich sei ein Narr. Vielleicht bin ich es, aber ich zweifle daran. Verrücktheit neigt eher dazu, sich vor sich selbst zu verstecken. Ein wirklich Verrückter ist in der Regel die einzige Person, die ihre Verrücktheit nicht erkennt. Es wäre natürlich möglich, daß ich zu keiner Erkenntnis meiner selbst gelangen könnte, außer in einem exaltierten Zustand. Ich glaube aber, daß ich mich ganz ruhig und vernünftig betrachten kann - selbst diese Behauptung könnte freilich als Zeichen meiner Narrheit ausgelegt weden. Und doch zweifle ich daran, ob eine wirklich verrückte Person sich so beobachten und prüfen könnte, wie ich es tue.

Ich bin einfach anders gestimmt als die Mehrheit meiner Mitmenschen. Ich kann nicht teilhaben an dem, was sie Vergnügen nennen, denn es widert mich an und zerstört mein Wesen. Gesellschaft ist mir entsetzlich und ich halte mich ihr fern. Frauen machen mir den Hof, aber ich gehe ihnen aus dem Wege. Wäre ich ein Dichter, so könnte ich vielleicht Lob ernten, wenn ich diese Dinge in Versen sagte. Aber mir ist die Gabe, mich auszudrücken, nicht gegeben, und so muß ich es leiden, daß ich verlacht, verachtet und verleumdet werde. Man nennt mich einen Narren. Wird Gott, wenn er mich einst zu sich ruft, mich ebenso nennen?"

 

Totenmaske Ludwigs II.

Totenmaske des Königs

 

E.A.Poes Vorwort zu dem Essay "Über das materielle & spitituelle Universum"

Den Wenigen, welche mich lieben & welche ich liebe - Denjenigen welche fühlen, mehr, als Denen, die da denken - den Träumern, und Ihnen, die ihr Vertrauen in Träume setzen als in das einzig Wirkliche - bringe ich dar dies Buch der Wahrheiten; nicht ob seines Charakters als Wahr-Sage; sondern der Schönheit wegen, von der seine Wahrheit überfließt - die es als wahr ausweist. Ihnen unterbreite ich meine Komposition als ein Kunst-Produkt allein - als, sagen wir, eine Romanze; oder, vorausgesetzt daß ich damit nicht einen zu stolzen Anspruch erhebe, als ein Poem.

Was ich hier zur Vorlage bringe ist wahr: deshalb kann es nicht sterben: - beziehungsweise falls es jetzt niedergetreten werden sollte, auf daß es sterbe, wird es "wieder auferstehen zum Ewigen Leben".

Dennoch: als Gedicht einzig & allein, wünschte ich dies - mein Werk beurteilt zu haben, wenn ich längst tot bin.

Edgar Allan Poe

Könnte das nicht auch König Ludwig in Bezug auf seine Schöpfungen sagen?

 

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